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Image by Jan Tinneberg

Machtmissbrauch

Konsequenzen aus der MHG-Studie (2018)

Schon 2010 wurde in Deutschland die große Dimension an sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Priester öffentlich. Um Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche zu verhindern, müssen grundlegende Reformen durchgesetzt werden.

Durch das 2018 veröffentlichte Forschungsprojekt „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ der  Universitäten Mannheim, Heidelberg und Gießen, kurz MHG-Studie genannt, gewinnt diese Forderung noch mehr an Dringlichkeit. Das Forschungsprojekt hat systemische Faktoren identifiziert, die innerhalb der katholischen Kirche sexuellen Missbrauch an Minderjährigen begünstigen. Minderjährige im kirchlichen Raum müssen davor zukünftig besser geschützt werden. Sexueller Missbrauch und Machtmissbrauch innerhalb der katholischen Kirche sollen ein Ende haben, das betonen auch die Bischöfe immer wieder. Aus diesem Grund fordern wir:

 

1. Die Abschaffung des Pflichtzölibats, damit Sexualität in Priester*innenleben nicht mehr verdrängt wird.

 

„In allen Teilprojekten ist der relative Anteil beschuldigter Diakone deutlich niedriger als der von beschuldigten Diözesanpriestern. Als konstitutives Unterscheidungsmerkmal zwischen Diakonen und Diözesanpriestern ist die fehlende Verpflichtung zum Zölibat bei Diakonen zu nennen. Auch wenn die Verpflichtung zum Zölibat sicherlich keine alleinige Erklärung für sexuelle Missbrauchshandlungen an Minderjährigen sein kann, legt der o.g. Befund nahe, sich mit der Frage zu befassen, in welcher Weise der Zölibat für bestimmte Personengruppen in spezifischen Konstellationen ein möglicher Risikofaktor für sexuelle Missbrauchshandlungen sein kann.“ (12)

2. Das Ende der Diskriminierung von queeren Menschen, die Anerkennung von praktizierter Homosexualität, damit auch Priester*innen und Mitarbeiter*innen der Kirche offen in gleichgeschlechtlichen Partner*innenschaften und Ehen leben können.

 

„Das komplexe Zusammenspiel von sexueller Unreife, abgewehrten und verleugneten sowie die zum Zeitpunkt der Berufswahl möglicherweise latenten homosexuellen Neigungen in einer ambivalenten, teilweise auch offen homophoben Umgebung könnte also eine weitere Erklärung für das Überwiegen männlicher Betroffener beim sexuellen Missbrauch durch katholische Kleriker bieten. Allerdings sind weder Homosexualität noch Zölibat eo ipso Ursachen für sexuellen Missbrauch von Minderjährigen.“ (11)

3. Ein post-klerikales Zeitalter in der Kirchengeschichte (vgl. Limburger Studie), in welchem eine autoritär-klerikale Leitungsstruktur in eine transparente, diverse und demokratiefreundliche Kirchenleitung transformiert wird. Da Leitung an die Weihe gebunden ist, braucht es die Weihe für alle, die eine Qualifikation dafür erworben haben.

 

„Klerikalismus meint ein hierarchisch-autoritäres System, das auf Seiten des Priesters zu einer Haltung führen kann, nicht geweihte Personen in Interaktionen zu dominieren, weil er qua Amt und Weihe eine übergeordnete Position innehat. Sexueller Missbrauch ist ein extremer Auswuchs dieser Dominanz. Bei Kirchenverantwortlichen kann ein autoritär-klerikales Amtsverständnis dazu führen, dass ein Priester, der sexualisierte Gewalt ausgeübt hat, eher als Bedrohung des eigenen klerikalen Systems angesehen wird und nicht als Gefahr für weitere Kinder oder Jugendliche oder andere potentielle Betroffene.“ (13)

 

Diese drei Forderungen sind nur kurze Schlaglichter aus den Ergebnissen der MHG-Studie. Einige deutsche Bistümer haben bereits eigene Untersuchungen durchgeführt oder erarbeiten sie gerade noch. Das Bistum Limburg hat vor kurzem in einer fundierten Projektarbeit einen Implementierungsplan für die Bistumsleitung erarbeitet, der Hoffnung macht, wie das das post-klerikale Zeitalter in der römisch-katholischen Kirche eingeläutet werden kann.

 

Autorin: Claudia  

Stand: 14.09.2020
 

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